· NWZ 2017

Rettung in 1650 Metern Höhe

Der Notarzt und der Schwerverletzte werden über eine Seilwinde 40 Meter in den Hubschrauber gezogen.

Aus Übung wird Ernst: Mitglieder der Göppinger Bergwacht haben am Samstag einen Schwerverletzten nahe der Tegernseer Hütte versorgt.

Es sollte ein ganz normales Ausbildungswochenende für eine Gruppe der Bergwacht Göppingen an der Tegernseer Hütte werden. Gemeinsam mit ihrem Technischen Leiter David Wimmer wollten sechs Bergretter das alpine Klettern in den Bayerischen Voralpen üben. „Das ist in der Lage schon etwas anderes als bei uns auf der Alb“, erklärt der 33-Jährige. Die Hütte auf 1650 Metern Höhe diente als Ausgangspunkt für die Aufstiege. Sie liegt zwischen den Gipfeln von Ross- und Buchstein.

Am Samstag brachen die Männer gegen 8 Uhr zu einer längeren Klettertour auf. Nach einigen Stunden am Buchstein befand sich das Team wieder auf dem Rückweg. Kurz vor dem Abstieg zur Hütte passierte dann gegen 12.45 Uhr das Unglück: Ein 57-jähriger Mann aus Dachau stürzte in einer Rinne am senkrechten Fels zehn Meter in die Tiefe und blieb oberhalb der Hütte schwer verletzt liegen. Seine Ehefrau musste hilflos zusehen.

Mitarbeiter von der Berghütte setzten sofort einen Notruf ab und verbanden die blutende Kopfplatzwunde des Mannes, erzählte Wimmer gestern. Seine Gruppe traf etwa fünf Minuten nach dem Sturz ein und versorgte den Mann, der auch schwere Verletzungen am Brustbereich sowie mehrere Knochenbrüche erlitten hatte. „Ich habe dann erneut Kontakt aufgenommen zu den Kollegen der Bergwacht Rottach-Egern, die ich gut kenne“, erzählt Wimmer. Er habe abgesprochen, die Erstversorgung zu übernehmen. Dazu gehört etwa, beim sogenannten Bodycheck die Verletzungen einzuschätzen. Neben dem eigenen Verbandsmaterial kam auch ein Sanitätsrucksack der örtlichen Bergwacht aus der Hütte zum Einsatz. „Darin ist auch eine Halskrause, die legen wir immer an, um die Wirbelsäule zu schützen“, erklärt Wimmer. Sie haben dann die Gebirgstrage genutzt, um den Mann die restlichen drei Meter auf die Terrasse zu bringen. Dort wurde er zunächst stabilisiert und seine Vitalzeichen überwacht. Sie verbanden auch eine blutende Wunde am Fuß.

Die Göppinger Bergretter kümmerten sich auch um die Ehefrau des Verletzten bis nach 20 Minuten der Rettungshubschrauber Christoph 1 aus München mit dem Notarzt eintraf. Wimmer machte die Übergabe, das Hüttenpersonal sorgte dafür, dass die Besucher auf der vollbesetzten Außenterrasse Platz machten. „Der Verletzte musste im Bergesack von der Ost- auf die Westseite der Hütte gebracht werden, dann gelangten Notarzt und Patient über die 40 Meter lange Seilwinde in den Hubschrauber. Der Schwerverletzte wurde ins Unfallklinikum Murnau geflogen.

Eigentlich waren an dem Wochenende keine praktischen Übungen geplant. „Aber dazu sind wir ja bei der Bergwacht, um auch Schwerverletzten helfen zu können“, sagt Wimmer, der hauptberuflich als Zimmermann arbeitet. Der Einsatz in so einer Lage sei sonst eher selten, aber alle waren routiniert. „Wir haben über den Einsatz gesprochen und in der Gruppe reflektiert“, sagt Wimmer – so wie immer. Am Sonntag ging es zurück.

Sieben Männer der Bergwacht Göppingen übten bei einem Ausbildungswochenende an der Tegernseer Hütte in den Bayerischen Voralpen das alpine Klettern, als der Absturz passierte.