Prüfen! Rufen! Drücken!“ So rufen die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7b der Hermann-Hesse-Realschule im Chor. Dr. Nikola Kandhari hebt den Daumen. Noch einmal mahnt sie eindringlich: „Dieses Rezept müsst ihr euch merken bis an euer Lebensende und es aufsagen können, wenn man euch nachts um drei Uhr weckt!“
Anschaulich und engagiert erklärt die Fachärztin für Anästhesiologie, Notfall- und Intensivmedizin, dass das Herz, der Motor des Körpers, dafür zuständig ist, Sauerstoff in alle Organe zu transportieren. „Gehirnzellen überleben ohne Sauerstoff nur drei bis fünf Minuten“, macht die Oberärztin, die für den Göppinger Notarztdienst verantwortlich und zuständig ist, klar. „Wenn bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand niemand sofort reagiert und mit der Wiederbelebung beginnt, kann der betroffene Mensch danach nie mehr ein autonomes Leben führen. Ohne euch hat auch der Rettungsdienst keine Chance, denn im Durchschnitt dauert es zehn Minuten, bis er da ist. Ihr seid die Lebensretter!“ Dr. Kandhari macht auch deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit eines Notfalls in der Familie am höchsten ist. „Wenn ihr das Rezept intus habt, seid ihr gut gewappnet.“
Die Jugendlichen wiederholen das Gelernte: Zunächst wird durch lautes Ansprechen, rütteln und Überprüfung der Atmung bei überstrecktem Kopf geprüft, ob ein Herz-Kreislauf-Stillstand vorliegt. Dann werden, wenn möglich, andere Menschen zur Hilfe gerufen und die 112 gewählt. „Lautsprecher einschalten, den Anweisungen der Leitstelle folgen und erst auflegen, wenn der Rettungsdienst da ist“, erklärt die Ärztin.
„Bis dahin wird gedrückt, um von außen die Pumpfunktion des Herzens zu übernehmen. 100 Mal in der Minute, so tief ihr könnt! Und nicht aufhören, wenn ihr merkt, dass Rippen brechen. Ihr seid die einzige Chance!“
Bettina Steinbacher, ausgebildete Rettungssanitäterin beim DRK Kreisverband Göppingen und ehrenamtlich in der Bereitschaft Hattenhofen als stellvertretende Bereitschaftsleiterin aktiv, demonstriert den Jugendlichen, wie’s praktisch geht. „Oberkörper frei machen, Mitte des Brustkorbs suchen, eine Hand darauf und die andere darüberlegen und im Rhythmus drücken! Am besten auf den Knien, da hat man am meisten Kraft!“ Dann sind die Jugendlichen dran. Zum Rhythmus von „Pokerface“ wird kräftig gedrückt. „Wenn möglich, alle zwei Minuten mit jemand anderem wechseln“, erklärt Bettina Steinbacher, und nicht nur die Klasse 7b merkt bei der praktischen Übung ziemlich schnell, dass das Drücken anstrengend ist und die Handgelenke schmerzen.
Insgesamt 20 Schulklassen der Hermann-Hesse-Realschule durchliefen im Rahmen der „Woche der Wiederbelebung“ in zwei Tagen den Reanimationskurs, bei dem Dr. Nikola Kandhari und Bettina Steinbacher auch von Medizinstudentin Hannah Walter unterstützt wurden. Bereits Kinder und Jugendliche aufzuklären, sie an Reanimationsmaßnahmen heranzuführen und sie damit vertraut zu machen, ist den dreien ein wichtiges Anliegen. „Flächendeckend bei den Kindern anzufangen, wäre ein wichtiges Ziel“, so Steinbacher.