„Die Vorträge anlässlich des Weltrotkreuztages hier im Museum von Kolleg*innen und Menschen, die etwas zu sagen haben, sind bereits eine kleine Tradition geworden“, begrüßte Peter Hofelich, Präsident des DRK-Kreisverbandes Göppingen, zahlreiche Gäste im Rotkreuz-Landesmuseum in Geislingen. Auch in Berlin sei das Interesse des DRK-Kreisverbandes Göppingen bereits bekannt und viele ihrer Kollegen*innen berichteten von den Vorträgen im Museum in Geislingen, erklärte Dr. Katja Schöberl. Viele Besucher*innen seitens des DRK, die Vizepräsidentin des DRK, Ulrike Würth, aber auch Vertreter*innen der Polizei ließen sich von der Referentin über die aktuellen internationalen Herausforderungen informieren.
Die Arbeit der Bewegung stehe angesichts der verschiedenen weltweiten Krisen und militärischen Konflikte vor zahlreichen, teilweise neuen Herausforderungen. Dazu gehören, so die DRK-Referentin, geopolitische Spannungen und der Wettbewerb um Macht, Desinformation und Propaganda. Aber auch Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und andere neue Technologien, Klimakrisen und deren humanitären Auswirkungen, die Resilienz lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Strukturen sowie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts seien und blieben zentrale Themen.
Diese Themenfelder stehen im Mittelpunkt der Vorbereitungen für die 34. Internationale Konferenz des Roten Kreuzes und Roten Halbmonds (RKRH) im Jahr 2024, bei der Vertreter*innen des RKRH und der Vertragsstaaten der Genfer Abkommen zusammenkommen, um diplomatische Lösungen für diese aktuellen Fragen und Herausforderungen zu finden. „Das ist zuerst einmal ein Lagebericht der humanitären Welt“, erklärt Dr. Schöberl. Bei ihrem Vortrag ging die DRK-Expertin auf aktuelle Einsätze der RKRH-Bewegung wie den Russland-Ukraine-Konflikt, die Kampfhandlungen im Sudan und das verheerende Erdbeben in der Türkei und in Syrien ein.
Sie verwies aber auch darauf, dass es darüber hinaus viele andere Konflikte und humanitäre Katastrophen gibt, die nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Die Kämpfe in Karthum seien ein Beispiel für die urbane Kriegsführung in dicht besiedelten Gebieten. Hier sei es wichtig, dass sich die Konfliktparteien verpflichten, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten.
Am Beispiel des Kriegs in der Ukraine machte die Referentin deutlich, wie schwierig es für die RKRH-Bewegung ist, den Druck auszuhalten, der auf die Organisation und ihre Grundsätze wirkt. „Gerade in solchen Zeiten ist es wichtig, den Wert von Neutralität zu vermitteln“, betont Dr. Katja Schöberl. So gab es z.B. Kritik daran, dass Vertreter*innen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) auch in Moskau waren, um dort Gespräche zu führen. „Es bedurfte vieler Erklärungen, dass das IKRK Gespräche mit allen Kriegsparteien führt.“ In diesem Bereich sieht sie auch eine Option für die lokalen DRK-Organisationen bis hin zu den einzelnen DRK-Mitgliedern, in Gesprächen immer wieder zu erklären, was das Rote Kreuz ausmacht und zu erläutern, warum Neutralität so wichtig ist.
Um nicht nur auf Katastrophen und Krisen reagieren zu müssen, entwickelte das DRK seit 2014 mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes den Ansatz der vorausschauenden humanitären Hilfe, u.a. über einen „Anticipation Hub“, an dem auch externe Akteure mitwirken. Diese Expertise des DRK wurde in den Delegiertenrat 2022 eingebracht. Hierbei handelt es sich, wie Dr. Schöberl auf Nachfrage erklärte, um einen Schritt-für-Schritt-Ansatz, bei dem Modelle für mögliche Katastrophen auf Basis von verschiedenen Messwerten errechnet werden und Hilfe vor Eintritt einer Katastrophe geleistet wird, um das Risiko und den Schaden durch frühzeitige Maßnahmen gezielt zu mindern.