Kreis Göppingen - In den „PSNV-Rucksäcken“ von Christian Striso und von Alexander Schmidt sind Kuscheltiere drin und eine Bibel, Zigaretten und Holzkreuze, Handschmeichler und Knautschbälle. „Manchmal brauchen Menschen, denen der Boden unter den Füßen abstürzt, genau solche Kleinigkeiten, um sich festzuhalten oder die Hände zu beschäftigen“, erklärt Alexander Schmidt.
Er und Christian Striso wissen das aus Erfahrung. Sie sind die ersten beiden psychosozialen Notfallbegleiter des Roten Kreuzes im Kreisverband Göppingen. Dafür haben sie von Oktober bis Dezember vergangenen Jahres eine Ausbildung in Psychosozialer Notfallversorgung (PSNV) bei der DRK-Landesschule in Pfalzgrafenweiler absolviert.
Seit Beginn dieses Jahres sind sie im Einsatz, wenn die Integrierte Leitstelle jemanden anfordert und es ihnen zu dem Zeitpunkt möglich ist: Um dabei zu sein, wenn die Polizei jemandem oder einer Familie den Tod eines nahen Angehörigen mitteilt und dann wieder gehen muss. „Dann bleiben wir da. Damit die Menschen in diesen ersten Stunden nicht alleine sind mit ihrer Verzweiflung“, sagt Schmidt. Die Betroffenen fallen in ein Loch und wüssten oft nicht, was sie als Nächstes tun oder wie sie mit ihrem Schmerz umgehen sollten, ergänzt Striso.
Empathie ist Voraussetzung
Die Notfallbetreuer beantworten Fragen, die aufkommen. Sie reden mit den Leuten, organisieren notwendige Schritte oder aktivieren ein Netzwerk aus Freunden oder Verwandten, wenn es gewünscht ist. „Oder wir schweigen mit ihnen. Da müssen wir oft erspüren, was notwendig ist“, schildert Schmidt. Striso stimmt dem zu und betont: „Ein hohes Maß an Empathie ist Voraussetzung, um das zu machen.“
Es gibt einen Pool von etwa 25 Ehrenamtlichen im Landkreis, die von der Leitstelle in einem Notfall angefordert werden. Die meisten von ihnen sind Pfarrer und Diakone, die sich bereit erklärt haben, als Notfallseelsorger den Menschen zu helfen. „Notfallseelsorge war über Jahre hinweg nur ein Thema der Kirchen“, berichtet Striso. Allerdings ging die Zahl der Pfarrstellen im Lauf der vergangenen Jahre um 30 Prozent zurück, weiß er. Darum habe schon der frühere Leiter der Notfallseelsorge im Landkreis, Erich Karp, den Vorstoß gemacht, dass auch Nicht-Hauptamtliche nach einer entsprechenden Ausbildung dieses Ehrenamt leisten dürfen sollten.
Deshalb besuchen momentan fünf Teilnehmer einen entsprechenden Kurs, den Pfarrer Achim Esslinger, der aktuelle Leiter der Notfallseelsorge, unter dem Dach der Kirche anbietet. Striso und Schmidt haben als DRK-Institution einen weiteren PSNV-Kurs mit den Dozenten aus Pfalzgrafenweiler in der Geislinger Bereitschaft ab dem 19. September organisiert. Dazu haben sich sieben Teilnehmer angemeldet, die bereit sind, sich langfristig auf diese Herausforderung einzulassen. „Wir arbeiten intensiv und auf Augenhöhe als Partner mit Pfarrer Esslinger zusammen. Das ist ein Miteinander, wir verstärken das Feld“, macht Striso deutlich. Immerhin sei pro Woche etwa zwei bis drei Mal der Einsatz von Notfallbegleitern notwendig.
Wenn möglich, seien mindestens zwei Notfallbegleiter gemeinsam unterwegs. „Daher können es gar nicht zu viele sein, die sich in diesem Bereich einsetzen“, findet er. Nicht zuletzt deshalb wird es 2021 einen weiteren PSNV-Kurs beim DRK geben, wenn sich dafür genügend Interessenten melden. Claudia Burst
Der Weg zum Notfallbetreuer
DRK Die Psychosoziale Notfallversorgung beim Kreisverband Göppingen, wurde offiziell am 10. September 2019 gegründet. Christian Striso und Alexander Schmidt sind die ersten beiden DRK-Mitglieder aus dem Kreisverband, die eine solche Ausbildung absolvierten.
Ausbildung Sie dauert insgesamt sechs Tage (an drei Wochenenden), es folgt eine halbjährige Hospitationsphase und danach ein dreitägiger Abschluss-Lehrgang. Mit Interessenten finden Vorgespräche statt, unter anderem, weil die Bereitschaft vorhanden sein soll, diese Aufgabe möglichst über Jahre hinweg auszuüben. Die Ausbildung ist kostenlos.
Kontakt Wer Interesse an einem PSNV-Kurs im kommenden Jahr hat, kann sich melden unter (07161) 67 39-6 66 oder per E-Mail: