Ein Schulprojekt der Degginger Realschule hat einen spektakulären Einsatz der Bergwacht ausgelöst: Am Freitag starteten die Neuntklässler beim Schulfest einen Wetterballon. Der noch etwas schlaffe Ballon aus dünnem Latex-Gummi, wurde geduldig von den Schülern abwechselnd gehalten. Das empfindliche Material erlaubte eine Berührung nur mit Handschuhen. Auf einem Tisch lag die Technik bereit, die schließlich in einer Styropor-Box integriert wurde. Diese wurde versehen mit GPS, mehreren Kameras, Temperaturmesser und Höhensensor. Der Wert der Gerätschaften beläuft sich auf rund 3.000 Euro.
Knisternde Spannung herrschte im Umfeld von Projektleiter und Lehrer Fabian Herre. Zwischen Schulhof und Schuldach gingen die Handzeichen hin und her. Schulleiter Frank Henzler fügte in seinem Grußwort Informationen zur „Aktion Wetterballon“ mit ein. Funkkontakt mit zwei weiteren Lehrern trieb die Spannung in weitere „Höhen“. Lehrer Dr. Klaus Irschik und Besitzer der Göppinger Flugschule zog in einer Maschine über der Verbundschule Deggingen seine Kreise und wurde entsprechend bejubelt. Begleitet wurde er von einer Kollegin, die alles von oben filmte.
Dann war es soweit: Der Ballon wurde gestartet und stieg relativ schnell auf. Der mit Helium gefüllte Wetterballon flog in Richtung Nordalb, wechselte die Flugrichtung, bevor er ganz verschwand. Durch den abnehmenden Sauerstoff in der Höhe breitet sich der Latex-Ballon aus, so dass dieser nach einem Stratosphärenflug in über 37.000 Meter Höhe sogar platzt und die mitgeführte Box an einem Fallschirm hängend wieder auf die Erde schwebt. Genauso ist es auch passiert: Dank der GPS-Sender wurde der Landeort in der Nähe Heidenheims lokalisiert. Vor Ort stellte sich dann aber heraus, dass dieser in einem Waldgebiet lag. Erste Suchen blieben erfolglos, da das dichte Blätterdach keine Möglichkeit bot, von unten den Fallschirm mit seiner wertvollen Nutzlast zu sehen.
Der Vater eines Schülers nahm schließlich Kontakt zu einem Mitglied der Bergwacht Geislingen-Wiesensteig auf. Dieses verwies ihn an die Bergwacht Göppingen, die über eine Drohneneinsatzgruppe verfügt und an dem Pilotprojekt „Drohneneinsatz bei der Bergwacht“ des Landesverbands teilnimmt. Nach Rücksprache mit der Bergwacht Heidenheim, in deren Dienstgebiet der Landeort war, wurde der Einsatz für Samstag vorgesehen, Dauerregen stellte ihn aber infrage.
Dann konnte eine kurze Regenpause genutzt werden, um die Suchdrohne aufsteigen zu lassen. Nach längerer intensiver Suche in dem Gebiet der übermittelten Koordinaten konnte der Drohnenpilot einen kleinen roten Punkt entdecken, der sich beim näheren Hinfliegen als der gesuchte Fallschirm herausstellte. Somit konnte auch vom Boden aus der Baum ausgemacht werden, der als „Landeplatz“ diente. Ein Bergretter begann nun in Baumsteigtechnik den schweißtreibenden Aufstieg in die etwa 45 Meter hohe Baumkrone. Oben angekommen stellte er fest, dass die Box mit dem Fallschirm auf dem Nachbarbaum hing. Dies war vorher nicht festzustellen, da das Astwerk im Kronenbereich ineinander verwoben war. Da der „Landebaum“ aber nicht zu besteigen war, kletterte der Bergretter in dessen Richtung und warf eine dünne mit einem Gewicht versehene Schnur in Richtung Box und Fallschirm. Es gelang ihm, die Box zu treffen und diese zu sich zu ziehen. Der Fallschirm aber hatte sich in dem Geäst so sehr verheddert, dass er gekappt werden musste. So konnte dann der Bergretter die Box unversehrt zu Boden lassen und sich dann selbst aus luftiger Höhe abseilen. Die gesamte Such- und Bergungsaktion dauerte vier Stunden, im Einsatz waren vier Bergretter der Bergwacht Göppingen. Nun warten die Schüler sehnsüchtig darauf, die Daten des Ballonfluges auszuwerten.